Berner Museumsgeschichten
Zwei Hunde für ein Museum
Zu Besuch bei Bijou und Zarli, Direktorin und Direktor des Ortsmuseums Belp, und ihrem Team, der Museumsleiterin Su Jost, der freiwilligen Helferin Käthi Hänni und dem freiwilligen Helfer Marc Sutthaloung.
Bijou und Zarli, Direktorin und Direktor des Ortsmuseums im Schloss Belp, sind Publikumslieblinge. Besucherinnen und Besucher fragen nach ihnen, und wer das Museum betritt, wird von den beiden herzlich begrüsst. Nach kritischer Prüfung, selbstverständlich. Diese hat Zarli soeben vorgenommen. Alles in Ordnung. Besuch freigegeben.
Bijou – eine Irish Red Setter-Hündin – und Chefdackel Zarli bekleiden ihr Amt ehrenamtlich. Sie erhalten keinen Lohn, obgleich sie aufgrund ihrer wichtigen Funktion oft zum Rechten schauen, sowohl im Schloss als auch im Belper «Chefiturm», der vom Museum ebenfalls genutzt wird. 1542 als Gefängnis der Herrschaft Belp erbaut, gehört der «Chefiturm» zu den sehr wenigen in dieser Form noch erhaltenen Gefängnisbauten im Kanton Bern. Er gilt als markantestes Beispiel seiner Art. Äusserlich ist der Zustand der Bauzeit weitgehend, im Innern teilweise erhalten. Aktuell werden im «Chefiturm» Auszüge und Anknüpfungspunkte aus der Belper Geschichte gezeigt, und im Turm steht Familien und Schulklassen ein Suchspiel zur Verfügung. Im Schloss zeigt das Ortsmuseum Belp eine jährlich wechselnde Ausstellung. Noch bis im Juli ist «Ab id Schuel – Belper Schulgeschichte(n)» zu sehen. Sporadisch wird auch die Schlossgalerie mit zusätzlichen Sonderausstellungen bespielt, so auch dieses Jahr ab Mitte Mai.
Im sogenannten Repräsentationszimmer des Schlosses, das auch vom Belper Gemeinderat für wichtige Termine genutzt wird, treffen wir heute neben der Hundedirektion die freiwillige Helferin Käthi Hänni, den freiwilligen Helfer Marc Sutthaloung und Museumsleiterin Su Jost. Käthi Hänni erinnert sich, erstmals bei der Ausstellung zur Belper Galactina & Biomalz-Fabrik mitgeholfen zu haben. Das war die dritte und bislang grösste von Su Jost als Museumleiterin verantwortete Ausstellung. Und eine wichtige, wurde Belp durch Galactina doch jahrzehntelang stark geprägt. «Die Ausstellung brachte Leben nach Belp», erinnert sich Käthi Hänni. «Sie erzählte vom Anfang, vom Aufstieg und vom Niedergang der Galactina. Das war sehr interessant.» «Der Nachlass der Galactina gehört neben dem immensen Fotobestand zum Dorfleben zu den grössten Schätzen unserer Sammlung», erklärt Su Jost. Die Ausstellung habe bei zahlreichen Besucherinnen und Besuchern noch lebendige Erinnerungen geweckt und zu regem Austausch geführt.
Bislang habe das Museum stark auf der «Weisch-no-Schiene» gesetzt, sagt die Museumsleiterin. «Und das taten wir ganz bewusst.» Leute, die sich direkt und persönlich an das Ausstellungsthema, an gezeigte Gegenstände oder an abgebildete Personen erinnerten, seien schon früher das Stammpublikum des Ortsmuseums gewesen, «und sie sind es noch immer». Dass das Museum auf diesem Weg sehr viel auslösen kann, habe sie auch bei der Ausstellung «Im Chrütz. Gasthauskultur, Gemeinschaft und lebendige Traditionen» über das traditionsreiche Belper Restaurant Kreuz fasziniert: «Die Leute stehen vor einem Konfirmationsfoto und beginnen zu erzählen». Das Museum erzählt Geschichte – und hört Geschichten zu dieser Geschichte von den Besucherinnen und Besuchern. «Das ist so unmittelbar nah an der Gemeinschaft. Auf den Fotos kennen die Besuchenden ihren Vater, Grossvater oder ihre Tante. Sie erleben hier in der Ausstellung ihre eigene Geschichte. Diese Nähe fasziniert mich, und diese Nähe ist mir sehr wichtig. Und sie macht ein Ortsmuseum aus.»
Käthi Hänni und Marc Sutthaloung arbeiten beide in der Ausstellungsbetreuung, sie «hüten» die Ausstellung, wie die Aufgabe im Team bezeichnet wird. Darüber hinaus hilft der 14-jährige Marc Sutthaloung mit bei der Inventarisierung des Bestands, und Käthi Hänni unterstützt das mit dem Bau der Ausstellungen zuständige Team. Etwa 15 Personen seien als Freiwillige fürs Museum tätig, sagt Su Jost. Und betont, die Freiwilligen dürften wählen, welche Aufgaben sie übernehmen wollten und welche eher nicht. «Wenn jemand nur die Ausstellung betreuen will, ist das kein Problem für uns.» Natürlich müssen Helferinnen und Helfer mit Kraft und handwerklichem Geschick ebenfalls gefunden werden. Offenbar gelingt das dem begeisterten Museumsteam aber ganz gut.
Das Ortsmuseum Belp verfügt über ein eigenes Budget, worüber sich nicht viele kleine Museen freuen dürfen, es musste sich dieses aber «verdienen»: Die Gemeinde habe für den Einzug ins Schloss Varianten möglicher Betriebskonzepte verlangt, erinnert sich Su Jost, und sich schliesslich für das heutige Modell entschieden: Für eine mit 20 Stellenprozenten dotierte Museumsleitung mit freiwilligen Helferinnen und Helfern, die aus Überzeugung und begeistert dazu beitrügen, die Belper Geschichte(n) zu erzählen.
Müsste sich der 14-jährige Marc Sutthaloung für einen Gegenstand aus seinem Alltag entscheiden, dem seine Enkelkinder dereinst im Museum begegnen könnten, «dann wäre es wahrscheinlich mein Smartphone», lacht er. «In 50 Jahren wird die Welt ein andere sein und werden die Menschen mit Geräten oder Technologien arbeiten, die wir uns noch gar nicht vorstellen können. Und meine Enkelkinder werden wohl erstaunt fragen: ‹Was, ihr musstet noch tippen und über den Bildschirm streichen?›.»
Marc Sutthaloung besuchte im Schloss Geigenunterricht, nahm das Ortsmuseum als Nachbarin der Musikschule aber kaum war. Erst aufgrund einer Ausschreibung beim Jugendtreff meldete er sich als freiwilliger Helfer. Heute arbeite er mit Freude im Museum mit, sagt er. Am liebsten würde er die Schulausstellung einmal seinen Kollegen zeigen, vor allem die Fotobücher. «Darin schmökern die Leute oft, und diese Bücher zeigen, wie die Schule früher war, das finde ich sehr interessant.»
Käthi Hänni, einige Jahre älter als Marc Sutthaloung, kennt das Ortsmuseum schon länger und kannte auch Su Josts Vorgänger, der stets offen war für Neuerungen und auch der Neuausrichtung des Museums sehr wohlwollend gegenübergestanden sei. Von seinem immensen Wissen hätten die Ausstellungsmacherinnen und -macher sehr profitiert. Auch ihr als inzwischen langjährige freiwillige Helferin bedeutet die Mitarbeit im Museum viel. «Für mich ist das Ganze ein einziges Highlight», freut sie sich. «Es ist ein Wunder, über wie viele Erfolge wir uns hier freuen durften, seit wir eine professionelle Leitung haben.»
War da ein leises Brummeln zu hören neben dem Tisch? Meldete sich da eben die Gesamtleitung, die doch für alles verantwortlich ist, was meint: gelobt werden will? Das war wohl so. Einige Minuten später wird dann aber freundlich posiert: Direktorin Bijou und Direktor Zarli, zusammen mit dem kreativen Fussvolk des von ihnen glorreich geführten Ortsmuseums im Schloss Belp.
Engagiert für das Ortsmuseum im Schloss Belp: Su Jost, Käthi Hänni Hänni, Bijou, Zarli und Marc Sutthaloung